Die Colani Episode

Die Kornbrennerei und das Heimathaus stehen zwar für landwirtschaftliches und bäuerliches Leben, es gibt aber auch noch eine weitere, völlig andersartige und Vielen nicht bekannte Episode in der Geschichte beider Gebäude.
Zum Ende des 2. Weltkrieges und noch eine Zeit danach beherbergte die Brennerei einen später zu Weltruhm gekommenen Modell- und Modedesigner, Luigi Colani.

Geboren am 2. August 1928 in Berlin, verschlug es ihn als jugendlicher Flakhelfer nach Saerbeck.
Er überlebte die Kriegswirren und studierte nach Ende des 2.Weltkrieges in Berlin Bildhauerei und Malerei, kehrte aber in den Semesterferien immer wieder zurück und arbeitete als Hilfskraft in der Brennerei.
Wohl, um sich etwas für das Studium dazu zu verdienen, oder war es vielleicht doch eher die Zuneigung zum Mädel aus dem Nachbarhaus, dass er selbst einmal porträtierte und dessen Bild heute noch existiert? Zu sehen auf dem Ausstellungsboden der Brennerei.
Seine erste Werkstatt für Möbelbau betrieb er in Riesenbeck.
Schnell machte er sich aber einen Namen als Designer, dessen Markenzeichen runde, stromliniege Formen wurden. Manchem waren seine eigenwilligen Entwürfe und Ideen zu progressiv und sein kompromissloses Design-Verständnis und sein beherrschendes Wesen zu schwierig. Andere bescheinigten ihm ein geniales Formen- und Gestaltungverständnis.
Seine Spitznamen lauteten denn auch je nach Blickrichtung „Leonardo da Vinci des Kunststoffs“ oder „Designer-Dickkopf“.
Colani entwarf moderne Autokarosserien für Fiat, Alfa Romeo, Lancia und Simca. Später formte er auch Möbel und Gebrauchsgegenstände, arbeitete in China und Japan für Canon, Sony und Mazda.
Sein Bezug zu Westfalen ließ ihn trotz seiner Weltkarriere nie ganz los. Und so gründete er in den 70er Jahren auf Schloss Haarkotten eine Werkstatt, in der er mit jungen Nachwuchsdesignern immer wieder neue Akzente in Gestaltung und Formgebung setzte.
Auch nach Saerbeck zog es ihn noch einmal zurück. Auf Einladung des damaligen Bürgermeisters Wilfried Roos, des Amtsleiters Josef Heitmann und Dr. Heinrich Möhlenkamps kam er 1999 zu einem Kurzbesuch vorbei.
Natürlich in einem von ihm selbst entworfenen Auto, einem 700 PS starken Dodge Stealth.
„An Saerbeck habe ich die schillerndsten und ungestörtesten Erinnerungen meiner Jugend. Ich habe sogar länger studiert als nötig, um hier sein zu können,“ erinnerte er sich mit sehr positiven Gefühlen an seine Zeit in Saerbeck.
Luigi Colani starb 91-jährig im September 2019 in Karlsruhe. Auch seine Witwe erinnerte sich an die prägende Lebensphase ihres Mannes in Saerbeck und sandte dem Heimatverein eine Traueranzeige. Auf dem Spitzboden des Heimathauses wird seiner mit einer Staffelage erinnert.