Eigener Bericht Autor: Josef Berkemeier
Erlebnisbericht: Wanderung durch das Naturschutzgebiet Talaue bei Haus Marck in Tecklenburg
Am frühen Nachmittag trafen sich 22 naturbegeisterte Mitglieder des Heimatvereins unter der Führung von Dr. Georg Berkemeier, um gemeinsam das Naturschutzgebiet Talaue bei Haus Marck im Teutoburger Wald zu erkunden. Der Mai zeigte sich von seiner besten Seite: Die Buchenblätter waren noch nicht voll entfaltet, sodass der Waldmeisterbuchenwald in hellem, freundlichem Licht erstrahlte, der ideale Zeitpunkt für eine Exkursion dieser Art.
Einstieg an der historischen Sägemühle
Zu Beginn der Wanderung führte uns Dr. Berkemeier zur alten Sägemühle, die heute als Biologische Station der ANTL dient. Er berichtete eindrucksvoll von den Herausforderungen beim Aufbau des Naturschutzzentrums und der aufwendigen Sanierung der historischen Gebäude, die teilweise bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen. Besonders spannend war die Technik der oberschlächtigen Mühle, bei der das Wasser von oben auf das Mühlrad fällt, eine Konstruktion, die ein Gefälle von mindestens vier Metern benötigt und als besonders effizient gilt. Die Mechanik der Sägemühle, gefertigt aus Gusseisen, ist etwa 120 Jahre alt und stammt von der Osnabrücker Firma Ortmann. Die Säge selbst ist so konstruiert, dass sie bei jeder Bewegung sägt, eine technische Raffinesse vergangener Zeiten.
Die Mühlenlandschaft und der Mühlenteich
Entlang des Wechter Mühlenbachs erfuhren wir, dass früher auf nur drei Kilometern sieben verschiedene Mühlen betrieben wurden. Der Mühlenteich diente dabei als Energiespeicher und konnte eine Mühle etwa einen halben Tag lang antreiben, bevor er sich über zwei Tage wieder auffüllte. Bemerkenswert ist, dass das Gefälle des Mühlenbachs ausreichte, um mehrere Mühlen hintereinander zu versorgen, ein lebendiges Zeugnis mittelalterlicher Ingenieurskunst.
Auenlandschaft und Kalkrücken – Lebensraum für Spezialisten
Nach diesem geschichtlichen Einstieg führte uns der Weg in die Talaue, eine typische Auenlandschaft mit schnellwachsenden, weichen Hölzern wie Erle, Weide und Esche. Noch im Mittelalter war dieses Gebiet ein undurchdringliches Sumpf- und Moorgebiet. Heute finden sich hier extensiv genutzte Grünlandflächen, die als Obstwiesen dienen und einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt leisten.
Beim Anstieg zum ehemaligen Steinbruch offenbarte sich der geologische Untergrund: lockerer Kalkstein mit nur einer dünnen Bodenschicht. Das Wasser versickert schnell, was im Sommer zu Trockenstress für viele Pflanzen führt. Hier wachsen Spezialisten wie Perlgras, Goldnessel, Aronstab und besonders der Waldmeister, der in voller Blüte stand. Beim Zerreiben der Blätter verströmte er seinen typischen Duft – ein Erlebnis für die Sinne
Waldwirtschaft und Klimawandel
Dr. Berkemeier erläuterte, wie die Familie von Diepenbroick als Waldbesitzer eine naturschonende Bewirtschaftung betreibt: Es werden keine Kahlschläge durchgeführt, sondern nur einzelne Buchen entnommen, wenn sie einen Durchmesser von mindestens 60 cm in 1,5 m Höhe erreicht haben – meist nach etwa 120 Jahren und einer Höhe von bis zu 30 Metern. Die Bäume konkurrieren um Licht, und nur die Stärksten setzen sich durch. Auch der Klimawandel war Thema: Die Buchen litten besonders im heißen Sommer 2018, da der kalkige Boden das Wasser nicht hält. Die Eiche hingegen kommt mit den veränderten Bedingungen besser zurecht und wird wohl langfristig die Buche verdrängen.
Kultur und Geschichte rund um Haus Marck
Ein Höhepunkt der Wanderung war der Blick auf das Wasserschloss Haus Marck, das mit seiner bewegten Geschichte und als Schauplatz der ersten Vorverhandlungen zum Westfälischen Frieden 1643 beeindruckte. Seit über 200 Jahren ist das Anwesen im Besitz der Familie von Diepenbroick, die das Schloss bis heute bewohnt. Eine kleine Spukgeschichte um die „Weiße Frau“ sorgte für schaurige Unterhaltung: Der Legende nach spukt der Geist einer Gräfin nachts durch die Gegend und sucht ihre Opfer heim.
Ein unvergesslichen Erlebnis
Die Exkursion durch das Naturschutzgebiet Talaue bei Haus Marck war eine gelungene Kombination aus Naturkunde, Geschichte und Denkmalpflege. Die Vielfalt der Pflanzen, die beeindruckende Kulturlandschaft und die spannenden Einblicke in die Nutzung und den Schutz dieses besonderen Gebiets machten die Wanderung zu einem unvergesslichen Erlebnis für alle Teilnehmenden.

Foto: Heimatverein Saerbeck